Nicht zusammen eingeklagbar: Ansprüche zur Nutzungsentschädigung vor und nach der Scheidung sind getrennt zu behandeln

"Wir lassen uns erstmal scheiden und können danach immer noch die finanziellen Dinge klären" - so häufig diese entspannt wirkende Vereinbarung auch getroffen wird, ist sie fast nie eine gute Idee. Auch nicht in diesem Fall, der vor dem Oberlandesgericht Hamm (OLG) landete.

Mann und Frau hatten ein gemeinsames Haus. Die Frau zog aus. Der Mann blieb nach ihrem Auszug im Haus wohnen. Die Ehe wurde schließlich zwei Jahre später geschieden. Dann begehrte die Frau "Nutzungsentschädigung" - also die halbe Miete für das Haus, rückwirkend seit Trennung und für die Zukunft.

Das jedoch funktioniert aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung bis zur Scheidung ist eine sogenannte "Ehewohnungssache", die nach anderen Verfahrensgrundsätzen beurteilt wird als der Anspruch aus dem Miteigentum nach der Scheidung. Weil das der Erstinstanz nicht aufgefallen war, trennte das OLG nun die beiden Verfahren. Das führte dazu, dass der Mann in dem Verfahren für die Zeit ab Scheidung eine Frist verpasst hatte und dieser Teil der amtsgerichtlichen Entscheidung rechtskräftig wurde.

Hinweis: Die Vorschriften über die Verfahren vor dem Familiengericht lehnen sich teilweise an die Zivilprozessordnung an - teilweise gibt es eigene Verfahrensvorschriften. Es muss daher immer geprüft werden, ob es sich um eine "Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit" oder um eine "Familienstreitsache" handelt. Werden wegen der Nichtbeachtung Fristen versäumt, haftet der Anwalt auch dann, wenn die Erstinstanz den Fehler auch nicht bemerkt hat.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 28.06.2023 - 5 UF 78/23

Aktuelles aus Kanzlei und Rechtsgebieten

  • Familienrecht

    Mehr als 1.600 EUR: Kindesunterhalt bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen

    Die Frage nach Angemessenheit und Notwendigkeit stellt sich vor Gericht besonders oft, wenn es um Unterhaltsforderungen geht. Aus diesem Grund gibt es die Düsseldorfer Tabelle (DT), die seit 1962 als Leitlinie bei Unterhaltsfragen gilt. Seitdem wird sie stetig an die sich verändernden Lebensumstände angepasst, so auch hinsichtlich der Einkommensgruppen. Dieser Fall des Oberlandesgerichts München (OLG) zu einem sehr solventen, unterhaltspflichtigen Vater landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH) und wird in einer Frage auch wieder ans OLG zurückgehen.

  • Familienrecht

    Entlastung der Mutter: Piloten wird trotz unflexibler Freizeitregelung durch Arbeitgeber vermehrter Kindesumgang zugemutet

    Während in Umgangsverfahren meist der eine Elternteil weniger Umgang der Kinder mit dem anderen verlangt, verklagte vor dem Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) eine Mutter den Vater des gemeinsamen Kindes darauf, dass er sich mehr um seine Kinder kümmern solle. Das OLG musste nun sehen, ob und wie ein umfangreicherer Umgang im Interesse aller - vor allem aber naturgemäß dem der Kinder - möglich ist. Das Amtsgericht Fürth (AG) legte dabei vor.

  • Familienrecht

    Lebenslanger Unterhalt: 14-jährige Ehedauer erzeugt auch im Alter nacheheliche Verantwortung

    Eine Folge der Eheschließung und des ehelichen Zusammenlebens ist die begründete Mitverantwortung, die der leistungsfähige Ehepartner gegenüber dem Unterhaltsbedürftigen trägt. Dieser Mitverantwortung kann man sich im Sinne der nachehelichen Solidarität nicht entziehen. Daher erging es der bessergestellten Frau im folgenden Fall vor dem Oberlandesgericht Hamm (OLG) nicht anders als vielen Männern zuvor.